Vereinbart waren sowohl das Recht der USA als auch die Streitbeilegung in New York
Im Handelsvertretervertrag wurde die Geltung US-amerikanischen Rechts und im Falle von Streitigkeiten die Anrufung eines Schiedsgerichts in den USA vereinbart. Der Vertrag wurde vom Unternehmer gekündigt und dem Handelsvertreter wurde keine Ausgleichszahlung zugestanden. Auch das angerufene Schiedsgericht in den USA lehnte den Anspruch des Handelsvertreters ab, weil das US-Recht keinen gesetzlichen Anspruch auf Ausgleichszahlung kennt.
Der Handelsvertreter gibt nicht auf!
Der Handelsvertreter gab aber nicht auf und klagte den Ausgleichsanspruch vor österreichischen Gerichten ein - der Oberste Gerichtshof gab ihm schließlich Recht. Trotz der wirksamen Wahl ausländischen (außereuropäischen) Rechts einerseits und der ablehnenden Entscheidung durch das Schiedsgericht im Ausland andererseits wurde ihm der Ausgleichsanspruch zuerkannt.
Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters hat in Europa einen international zwingenden Charakter
Hier kommt nun Ingmar ins Spiel. Der Europäische Gerichtshof hat in der Entscheidung vom 9.11.2000, Rs C-381/98 – kurz "Ingmar" genannt – erkannt, dass jedem Handelsvertreter nach Vertragsbeendigung gewisse Ansprüche zustehen, wenn er seine Tätigkeit vorwiegend in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union ausgeübt hat. Dies auch, wenn der Prinzipal seinen Sitz in einem Drittland hat und auf den Agenturvertrag ausländisches Recht anwendbar ist.
Ingmar setzt sich durch
Damit wird Umgehung unionsrechtlicher Bestimmungen grundlegenden Charakters – wie es der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters ist – verhindert. Der Oberste Gerichtshof folgt dieser Europäischen Rechtsprechung in seiner Entscheidung vom 1.3.2017, 5 Ob 72/16y. Besonders ist dabei insbesondere, dass der Zuspruch trotz der anderslautenden Entscheidung des Schiedsgerichtes in den USA erfolgte!